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Kalaschnikow
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Drogen, Kriminalität, Terrorismus

Wie in den USA seinerzeit das Alkoholverbot unter dem "Dry Law", so schafft auch das Drogenverbot viel mehr Probleme als es löst.

Am 4. Januar 2001 hat der Direktor des Office of National Drug Control Policy (ONDCP), der pensionierte Viersterne-General Barry McCaffrey, bekannt auch unter dem Spitznamen "Drogenzar" und ehemals zuständig für das Kommando des Operationszentrums zum Drogenverbot in Lateinamerika, der US-amerikanischen Regierung seinen Antidrogenbericht vorgelegt. Er hob darin hervor, daß auch der neue Präsident George W. Bush die nationale Strategie zur Bekämpfung der Drogen beibehalten sollte.

General McCaffrey war auch maßgeblich beteiligt am sogenannten Plan Colombia, mit dem die USA 1,3 Milliarden US-Dollar hauptsächlich militärischer Unterstützung zur Reduzierung des illegalen Kokain- und Heroinhandels bereit stellen. Der Plan sieht vor, daß US-Militärberater spezielle kolumbianische Einheiten im Kampf gegen Drogenhändler, und indirekt auch gegen linksradikale Guerillas ausbilden, die den Drogenhandel schützen und von ihm finanziell profitieren.

Das US-amerikanische Militär ist aktiv im Kampf gegen Drogen eingesetzt, sowohl in den USA als auch im Ausland. Der "Drogenzar" behauptet, daß dadurch Drogenkosum und -handel in den USA zurückgingen. Leider trifft dies nach allen vorhandenen Statistiken nicht zu, sondern das Drogenverbot ist kontraproduktiv. Wie in den USA seinerzeit das Alkoholverbot unter dem "Dry Law", so schafft auch das Drogenverbot viel mehr Probleme als es löst.

Einige Aspekte sollen hier beleuchtet werden.

Wirtschaft

Wie jede andere Industrie ist auch das Drogengeschäft beherrscht von den Gesetzen des Angebotes und der Nachfrage. Gibt es zu wenig Rohmaterial, seien es Kokablätter oder Opium, steigt der Preis. Gibt's zuviel, sinkt er. Die Produzenten, ob Bauern in Afghanistan oder Hersteller synthetischer Drogen in Europa, wollen ihre Kosten senken und ihre Gewinne steigern.

In Afghanistan wurde im Jahre 2000 Rohopium für 50 US-Dollar pro Kilogramm verkauft. Das ist für die afghanischen Bauern ein stattlicher Preis. Nur ein Teil des Opiums wird bislang in Afghanistan selbst zu Heroin verarbeitet, ein weiterer Teil geht in Fabriken in Pakistan und Zentralasien, von wo es nach Europa geschmuggelt wird. Bis es dort in den Handel kommt, hat sich sein Preis um das 2000-fache erhöht. Nach Ermittlungen der Vereinten Nationen kostet ein Kilogramm Heroin in Pakistan durchschnittlich 2 720 US-Dollar. In den USA wird es dagegen für 129 380 US-Dollar verkauft.

Warum sind Drogen überall erhältlich? Weil wir in Zeiten leben, die die Goldgräberzeiten in den Schatten stellen. Die Realität des Goldrausches war Prostitution, Gewalt, Trunkenheit, Gesetzlosigkeit aller Art. Dabei hatte und hat das Gold einen weitaus geringeren Wert als Kokain und Heroin. Heute kostet Gold im Großhandel pro Gramm 9 US-Dollar. Kokain kostet 44 US-Dollar pro Gramm, und das, nachdem die Kokainpreise massiv gefallen sind. Während Reagans Drogenkrieg war Kokain zwanzigmal soviel wert wie Gold. Heroin kostet heute 300 US-Dollar pro Gramm, es ist also mehr als dreißigmal so wertvoll wie Gold.

Das ist die Antwort darauf, warum Prohibition keine Drogenkontrolle oder gar Abschaffung bringen kann. Der "Drogenrausch" hat gewissermaßen eine Goldgräberstimmung in allen Ecken und Enden der USA hervorgerufen.

Die Taliban stattdessen treiben von den Opiumbauern ganz normal Steuern ein. Das ist eine wesentliche Einkommensquelle für sie. Sie haben die härtesten Gesetze der Welt gegen Drogenkonsum, selbst das Rauchen von Zigaretten wird in Afghanistan nicht gern gesehen. Größeren Drogenmißbrauch gibt es dort nicht, und die Taliban schreiben dies der afghanischen Moral und den Traditionen zu.

Es ist wahrscheinlich, daß Vertreter der Taliban auch im Drogenhandel und -transport tätig sind. Ein "Old hand", der heute 75-jährige Omar Mumtaz, der seit 1987 als politischer Flüchtling in den USA lebte, und der vor dem Einmarsch der Sowjets in Afghanistan der "König des Transports" genannt wurde, hat sich jetzt in Kabul niedergelassen, um dort eine Privatbank zu eröffnen. Der oberste Chef der Taliban Mollah Mohammad Omar ist einverstanden, und nun muß nur noch das Sanktionskomitee der UNO von der guten Sache überzeugt werden, und dann kann das Geschäft in großem Stil losgehen. Herr Omar Mumtaz kann alle Kenntnisse, die er in den USA erworben und alle geschäftlichen Kontakte, die er dort geknüpft hat, bestens im Sinne der Taliban einsetzen.

Wenn jemand die Taliban der doppelten Moral zeiht, antworten diese, daß die westliche Nachfrage das Problem sei. Dieser Meinung sind auch hochrangige Regierungsvertreter lateinamerikanischer Länder.

Was die Nachfrage an Drogen angeht, so erwirtschaftet das illegale Drogengeschäft nach Angaben des International Drug Control Program der Vereinten Nationen allein 50 Milliarden US-Dollar in den USA und jährlich mehr als 400 Milliarden US-Dollar weltweit. Das sind acht Prozent des gesamten internationalen Handels, was dem Umsatz der Textilbranche entspricht. Nach den Vereinten Nationen haben sich die Gewinne aus dem illegalen Drogengeschäft so erhöht, daß man drei Viertel aller Drogen beschlagnahmen müßte, um die Profitabilität des Geschäfts ernsthaft zu schädigen. In den USA werden aber nur fünf bis fünfzehn Prozent des Drogenimports abgefangen, da Drogenhändler sich solchen Maßnahmen wendig anpassen, in dem sie neue Schmuggelmethoden und -routen entwickeln. Die Schmuggelkosten machen in den USA überhaupt nur zehn Prozent des Endwertes von Kokain aus. Diese Kosten, mit allen übrigen Produktionskosten außerhalb der USA zusammengenommen ergeben dreizehn Prozent des Einzelhandelspreises für Kokain. Vernichtung von beschlagnahmten Drogen sowie Drogenverbot sind für die Drogenmafia eine Art Allgemeinkosten ihres Geschäftes. Ihr Einfluß auf den Preis in den USA ist vernachlässigbar. Schon deshalb macht die Strategie, Drogen bereits an den Grenzen der Produktionsländer abzufangen, wirtschaftlich wenig Sinn, solange die Drogen in den USA und den anderen Konsumentenländern verboten bleiben. Mindestens 87 Prozent des Mehrwertes werden in den Konsumentenländern geschaffen. Man kann sagen, daß der Risikopreis desto höher ist, je näher die verarbeiteten Drogen an den Einzelhandel kommen. Deshalb auch konnten die Taliban einmal großzügig fast ein Drittel der Opiumanbauflächen niederbrennen lassen - es kostete sie so gut wie nichts.

Aufgrund des exzellenten Herstellungs- und Distributionsmanagements der Drogenmafia wurden Kokain und Heroin sowohl in Europa als auch in den USA billiger, womit wir zum nächsten Aspekt kommen.

Korruption

Zwar gibt es in den Produktionsländern auch Korruption in Zusammenhang mit Drogenproduktion und -handel, aber diese müßte sich in Grenzen halten, wenn die Produktions- und Handelskosten außerhalb der USA nur dreizehn Prozent des Einzelhandels betragen. Dennoch kann gesagt werden, daß ein drogenproduzierendes Land wie Kolumbien, das Hauptzielland des von den USA angeführten Drogenkreuzzuges, beispielsweise, mit ansehen muß, wie über die Jahre seine Justiz, Legislative und Exekutive, und da besonders das Militär, nach und nach durch den Drogenhandel korrumpiert wurden. Im November 1998 beispielsweise hat Personal vom US-Zoll und von der Drug Enforcement Administration (DEA) in einem Flugzeug der kolumbianischen Luftwaffe 415 Kilogramm Kokain und sechs Kilogramm Heroin gefunden.

Die Aushebung von Drogenhändlerringen haben zu schwersten Gewalttaten geführt und selbst Kartelle zerschlagen, aber sie haben keinerlei einschränkenden Einfluß auf den Drogenexport gehabt.

Die massivste Korruption findet in den USA selbst statt. Durchschnittlich die Hälfte aller als Ergebnis einer von 1993 bis 1997 durchgeführten FBI-Untersuchung der Korruption überführten Polizeioffiziere wurden solcher Delikte überführt, die mit dem Drogenhandel zu tun hatten. Das Polizeidepartement von Los Angeles hatte Ende Juli 2000 einen Skandal zu verkraften, in dem gegen 70 Polizeioffiziere Untersuchungen wegen verübter Verbrechen oder Duldung und Nichtanzeigen von Verbrechen im Zusammenhang mit dem Drogenhandel eingeleitet worden waren. Ca. 100 Verbrechen waren auf Grund des Fehlverhaltens dieser Polizeioffiziere nicht verfolgt worden.

Ein 1998 herausgegebener Bericht des Statistischen Amtes (General Accounting Office) der USA bemerkt, daß die Korruption in Zusammenhang mit dem Drogenhandel folgende Straftaten umfaßte: 1. gegen die Verfassung verstoßende Durchsuchungen und Beschlagnahmen, 2. Stehlen von Geld und/oder Drogen von Drogenhändlern, 3. Verkauf von gestohlenen Drogen, 4. Decken von Aktivitäten bei Drogenkonsum und -handel, 5. falsche Zeugenaussagen, 6. Ablieferung falscher Verbrechensberichte.

Als ein Beispiel unter vielen anderen benennt das Amt die Stadt Philadelphia, wo seit 1995 zehn Polizisten des 39. Polizeidistrikts angeklagt wurden, Verdächtigen Drogen untergeschoben zu haben, Drogenhändler um Hunderttausende von Dollars ausgenommen und Einbrüche begangen zu haben, um Drogen und Geld zu stehlen.

Zusammenfassend erklärte das Drogenkontrollprogramm der Vereinten Nationen (the United Nations Drug Control Program) in seinem Bericht von 1998: Wo immer eine gut organisierte Drogenindustrie arbeitet, ist auch die Gefahr von Polizeikorruption.

Solcher Art Korruption von Polizisten ist also zahlreich. Wenig bis keine Dokumentation findet man über die Korruption an höheren Stellen, bis hinein in die Regierung. Schnell sind die US-amerikanischen Drogenfahnder bei der Hand, ausländische Regierungen zu bezichtigen und dort Handlungsbedarf zu sehen.

Einflußnahme auf andere Staaten

Ein Dutzend Staaten der Welt stehen, was Drogenproduktion und -handel angeht, auf der Schwarzen Liste der USA, die diese Länder nötigen, ihnen genehme Gesetze zur Drogenbekämpfung einzuführen. Dabei haben die USA die politischen und wirtschaftlichen Probleme dieser Länder aufs Schwerste verschärft. Der Kampf auf der sogenannten Angebotsseite wurde schon unter den Präsidenten Reagan und Bush I intensiviert, ein absolut fehlgeschlagenes erfolgloses Konzept. Nach einem Bericht der US-Regierung, von 1998, wuchsen die Anbauflächen für Kokablätter von 1987 bis 1997 von 173 243 Hektar auf 194 100. Die hauptsächlich in Süd- und Mittelasien befindlichen Opiumanbauflächen verdoppelten sich in der Zeit von 112 585 auf 247 000 Hektar. Die Opiumproduktion wuchs in derselben Zeit von 2 242 auf 4 137 Tonnen.

Die von den USA und in geringerem Maße auch von Staaten der EU unterstützten alternativen Anbauprojekte ("Erbsen, Bohnen, Linsen") mußten aus mehreren Gründen scheitern, angefangen damit, daß die klimatischen und Bodenverhältnisse für Substitutionen ungeeignet waren. So können in Peru und Bolivien maximal zehn Prozent der Anbauflächen für legale Feldfrüchte genutzt werden. Außerdem rentiert sich der Anbau von Kokapflanzen und Opium mehr für die Bauern. Die den Ländern aufgezwungenen Alternativprogramme führten dazu, daß die Bauern Koka und Opium auf anderen Anbauflächen weiter anbauten.

Aus Ländern wie Thailand ist bekannt, daß die dortigen Opiumbauern von den Drogenhändlern mittels eines ausgeklügelten Kreditsystems abhängig gehalten werden. Diese Bauern, die oftmals selbst opiumabhängig sind, werden gezwungen, ihre zukünftigen Ernten zu verpfänden. Sie können gar nicht aussteigen. Khun Sha United Army, Kuo Mintang und andere Banden sorgen dafür, daß ihr finanzieller Nachschub nicht versiegt.

Die USA haben 1986 und 1988 den sogenannten Anti-Drug Abuse Act erlassen, der die Bedingungen festlegt, unter denen ein Staat von den USA Hilfe erhält und zum US-Markt zugelassen wird. Einmal im Jahr hat der US-Präsident nachzuprüfen, welche Staaten in diesem Sinne mit den USA zusammenarbeiten. Bei Nicht-Folgeleisten sind selbstverständlich eine Reihe von Handels- und Hilfesanktionen vorgesehen. Während der Amtszeit von Präsident Clinton hatten sich mehr als dreißig Staaten dieser Zertifizierungsprozedur zu unterwerfen. Elf von ihnen genügten den Anforderungen nicht, wobei festzustellen ist, daß für die USA wirtschaftlich wichtige Staaten, wie Mexiko, zertifiziert wurden, Kolumbien aber nicht, obgleich beide Länder sich in nichts nachstehen, was die Drogenszene angeht. Rußland, heute Produktions-, Transit- und Konsumentenland in einem, in dem die Geldwäsche blüht, steht überhaupt nicht auf der Liste der zu zertifizierenden Staaten, wohingegen der Iran, der ein hartes Antidrogenprogramm fährt, aufgelistet ist.

Da die Sanktionen dann die gesamte Industrie betreffen, müssen legale Sektoren, wie zum Beispiel die kolumbianische Blumenindustrie, hohe Ausgaben für PR-Maßnahmen tätigen, um die Regierung der USA davon zu überzeugen, hierauf keine Sanktionen zu verhängen.

Diese Initiativen haben die bäuerlichen Kreise in allen betroffenen Staaten gegen ihre Regierungen und gegen die USA aufgebracht, konsequenterweise unterstützen die Bauern nunmehr vermehrt die Guerillagruppen, die in Kolumbien an die 150 Millionen Dollar jährlich aus dem Drogengeschäft bekommen. In den 80er Jahren erhielten die Guerilleros des "Sendero luminoso" eine ähnlich hohe Summe jährlich. Wieviel die Guerillagruppen Islamic Movement of Uzbekistan (IMU), die Tschetschenienkämpfer und andere mit Hilfe der Taliban in der Gegend operierende Freischärler erhalten, steht nirgends geschrieben.

Die US-amerikanischen Anti-Drogenmaßnahmen schwächen die Zivilgesellschaft und stärken das Militär in den betroffenen Ländern, von denen viele gerade dabei sind, marktorientierte Strukturen einzuführen und ihre Zivilgesellschaft zu stärken. Wenn aber bereits demokratisch einigermaßen stabile Länder, wie Kolumbien, durch die US-Gesetze unterminiert werden, gibt es keinen Grund anzunehmen, daß die Maßnahmen in Asien erfolgreicher sein werden. Im Gegenteil, sie schaffen finanzielle und moralische Unterstützung für linksradikale Rebellengruppen. Experten gehen so weit zu behaupten, daß die US-amerikanischen Gesetzesmaßnahmen die Drogenindustrie nunmehr auf andere Länder ausgebreitet haben, wobei Venezuela, Argentinien und Brasilien genannt werden. Wie Herr McCaffrey jedoch neulich mitteilte, soll dieser die Beziehungen vor allem mit den lateinamerikanischen Staaten belastende Anti-Drug Abuse Act demnächst abgeschafft werden. Die betroffenen Staaten sehen in dem Act ein verletzendes Beispiel der US-amerikanischen Arroganz.

Die Vereinten Nationen behalten derweil ihren traumtänzerischen Optimismus, in dem sie kürzlich einen Plan ankündigten, die weltweite Drogenproduktion in zehn Jahren auf Null zu reduzieren. Solches gibt es also auch.

Die Drug Enforcement Administration (DEA)

Bevor wir zu drogenbezogenen Verbrechen und dem gefängnis-industriellen Komplex der USA übergehen, wollen wir einen Blick auf die Drug Enforcement Administration werfen. Wörtlich müßte man sie als "Verwaltung zur Durchsetzung von Drogen" übersetzen - wohl wahr!

An die 10 000 Mitarbeiter, davon die Hälfte "Special Agents" (4 561) und "Intelligence Specialists" (686) arbeiten in dieser Behörde des US-Justizministeriums gemeinsam mit dem FBI, dem US Marshals Service, dem Immigrations- und Naturalizierungsdienst und anderen. Der Hauhalt der DEA stieg von 700 Millionen US-Dollar, in 1973, auf 17,8 Milliarden US-Dollar, in 2000. Im Jahre 2001 soll der Haushalt 19,2 Milliarden US-Dollar erreichen. Wem dies schon als astronomisch erscheint, dem sei mitgeteilt, daß diesem Betrag noch Antidrogen-Mittel in Höhe von insgesamt 33 Milliarden US-Dollar auf der Ebene der US-Bundesstaaten und auf lokaler Ebene zugerechnet werden müssen, so daß ein Gesamtbetrag von jährlich ca. 52 Milliarden US-Dollar erreicht wird.

Die DEA operiert weltweit, auf inner- und internationaler Ebene. Sie managt nationale Aufklärungsprogramme, nicht etwa, um die Bevölkerung über die Drogengefahren aufzuklären, sondern im guten nachrichtendienstlichen Sinne sammelt, analysiert und vertreibt sie strategisch und operational wichtige Informationen über den Stand der Drogenindustrie in aller Welt. Dazu arbeitet sie mit ausländischen Regierungen zusammen, vernichtet Ernten, organisiert Fruchtsubstitutionen und bildet ausländische Beamte aus. Unter der Federführung des Außenministeriums und der US-Botschafter werden Counterparts in aller Welt in den Kampf gegen die Drogen einbezogen. Demnächst sollen von der DEA in Quantico/Virginia auch ausländische Nachrichtendienstler ausgebildet werden. Selbstverständlich muß dann das zur Überwachung nötige Material anschließend in den USA gegen harte Dollar erworben werden - es sei denn, Staaten wie Rußland und Usbekistan hätten solches schon in Eigenproduktion hergestellt. Unwahrscheinlich!

1973 hatte die DEA 24 Flugzeuge und 41 Spezialagenten/Piloten im Einsatz, heute operieren unter dem Namen DEA Office of Aviation Operations (OA) 95 Flugzeuge und 117 Spezialagenten/Piloten. Die OA operiert von Ft. Worth/Texas aus. Außenstellen hat die OA in Peru, Kolumbien, Bolivien, Mexiko, Puerto Rico und auf den Bahamas. Ihre Piloten sind erfahrene Spezialagenten sowie hochqualifizierte Piloten. Sie sind der Sache ergeben.

Der DEA Nachrichtendienst ist seit 1973 signifikant gewachsen. Von einer Handvoll Agenten in den USA wuchs die Zahl auf 680 in aller Welt. Es werden taktische, investigative und strategische Nachrichten gesammelt. Dazu unterhält die DEA folgende Büros: 25 in Europa, Mittlerem Osten und Afrika, je 15 in Fernost und in Lateinamerika, 16 in Zentralamerika und acht in der Karibik.

In Europa/ Mittelost/ Afrika ist sie in nahezu allen Haupt- und größeren Städten vertreten, in Berlin und Frankfurt, in Bern, Brüssel, Islamabad, Kopenhagen, London Moskau, Ottawa (liegt gemäß DEA nicht in Amerika), Paris, Rom, Taschkent usw. Sinnigerweise gibt's kein Büro in Tel Aviv. Städte wie Moskau und Taschkent werden gewiß erst allmählich durchschauen, was sie sich da geholt haben. Israel wußte das anscheinend schon vorher und hat deshalb verzichtet.

Besonders stolz ist die DEA auf ihre Hauptoperationen mit den aufregenden Namen wie "Charlestown Code of Silence", "Larry Hoover & the Gangster Disciples", "Operations Conquistador and Columbus", "Operation Foxhunt Zorro", "Operation Ramp Rats", "Operation Tiger Trap" usw.

Die DEA ist weiterhin besonders stolz auf ihre Zusammenarbeit mit ausländischen Stellen. Schon ihr Vorgänger, das Federal Bureau of Narcotics, hat 1949 zwei Agenten in die Türkei und nach Frankreich geschickt, wo der Welt größte Mengen Morphinbase und Heroin hergestellt wurden. Die Anzahl der Agenten stieg dann allmählich an. Selbstverständlich bildeten sie die Counterparts in aller Welt aus, berieten sie, und wiesen ihnen auch sonst den richtigen Weg. Um diesen genau zu kennen, müssen sie in den betroffenen Ländern Nachrichten sammeln.

Besonders kümmern sie sich auch um die Aufdeckung von Geldwäsche, bei der aus dem Drogengeschäft realisierte Gewinne in legales Kapital umgewandelt wird. Da die USA die Geldwäsche dadurch erschweren, daß Transaktionen von mehr als 10 000 US-Dollar deklariert werden müssen, und ihr Staat so von weiteren kriminellen Akten verschont bleiben soll, schmuggeln Geldwäscher das Geld aus den USA, beispielsweise nach Mexiko. Da gibt es den Präsidenten einer Bank namens Banamex Bank, die natürlich ob der Anschuldigungen zweier Journalisten, der Bankpräsident sei in den Drogenhandel verstrickt, mit in Washington angeheuerten Anwälten der Firma Akin Gump zurückschlug. Der E-mail Server der Web Site Narco News, die die Drogengeschäfte des Bankers verbreitet hatte, wurde von Akin Gump schon lahmgelegt.

Der Präsident der Bank richtete übrigens 1999 ein Treffen zwischen dem US-Präsidenten Clinton und dem Präsidenten Zedillo von Mexiko aus. Sein Anwesen in der Karibik diente dem designierten Präsidenten Vicente Fox als Erholungsort.

Geldwäsche in den USA selbst findet aber dennoch statt, und zwar mittels der Umgehung der Deklarationen, durch Geldwäsche in bargeldintensiven Einrichtungen, wie Restaurants, in Scheinfirmen, wie Kunstgalerien, Juwelierläden, Auto- und Bootshandlungen, ja sogar karitativen Einrichtungen oder gar in eigenen Privatbanken. Das ist dann der Gipfel der drogenindustriellen Perfektion.

Verbrechen

US Census Data und FBI Uniform Crime Reports haben eine Statistik aller in den USA von 1900 bis 1998 begangenen Mordtaten herausgegeben. Die Daten zeigen, daß es zwei besonders gewaltätige Episoden im 20. Jahrhundert gegeben hat. Beide fallen zusammen mit der Alkoholprohibition und der Eskalation des heute geführten Krieges gegen die Drogen. 1933 war die Mordrate mit 9,7 pro 100 000 die höchste seit 1900. Es war das Jahr, in dem die Prohibition endlich beendet wurde. Die Rate fiel in den folgenden Jahren steil auf ca. 5,5 Morde pro 100 000 ab. 1980 war wieder ein Höhepunkt, mit 10 Morden pro 100 000 US-Bürger. Sehr viel niederiger wurde sie danach nicht mehr.

1988 wurden 85 Prozent der auf Crack bezogenen Verbrechen auf Grund der Marktkultur bezüglich dem illegalen Crackhandel und Territorialdisputen zwischen Crackhändlern begangen.

Der durchschnittliche Drogenhändler hat eine schlechtbezahlte Arbeit, und er dealt part-time, um Drogen für den eigenen Gebrauch finanzieren zu können.

1973 gab es in den USA 328 670 Verhaftungen wegen Verstoßes gegen die Drogengesetze, 1998 waren es 1 559 100, davon 78,8 Prozent nur wegen Besitzes verbotener Drogen. 21,2 Prozent waren Verhaftungen wegen Drogenherstellung oder -handel. Der einfache Besitz von Marihuana machte 38,4 Prozent aller Verhaftungen aus.

Eine Studie der Columbia University bestätigt, was viele Kriminologen längst wissen, daß Alkohol die Ursache von härteren Verbrechen ist als irgendeine verbotene Droge, Crack, Kokain und Heroin eingeschlossen. 21 Prozent der Kapitalverbrechen wurden unter Alkoholeinfluß begangen, aber nur 3 Prozent unter Crack oder Kokain allein, und nur ein Prozent unter Heroin allein.

US-Bundesstatistiken zeigen, daß mehr als 40 Prozent der überführten Mörder ihre Tat unter Alkoholeinfluß begingen.

Wo bleiben nun all die kleinen und großen Drogenkriminellen? Sie wandern in die zahlreichen Gefängnisse der USA.

Der gefängnis-industrielle Komplex

Anfang Februar 2000 hat das US-amerikanische Kriminalsystem Geschichte geschrieben: erstmalig überstieg die Anzahl der gleichzeitig einsitzenden Gefangenen die Zweimillionengrenze. In den USA beginnt man, sich zu fragen, warum dem so ist. Dazu betrachtet man die Entwicklung der Gefängnispopulation im einzelnen. Es bedurfte mehr als zweihundert Jahre, nämlich von 1776 bis 1990, um eine Million gleichzeitig zu inhaftieren. Die zweite Million kam in den letzten zehn Jahren hinzu.

In den 90er Jahren wurden Milliarden US-Dollar ausgegeben, um zusätzliche Gefängnisse zu errichten. Aber es gibt noch nicht genügend. Kaum waren die neuen Gefängnisse fertig, waren sie schon wieder voll, und es mußten weitere gebaut werden. Das führt zu kuriosen Ergebnissen. Während noch vor einer Generation nur wenig Menschen gern neben einem Gefängnis wohnten, reißen sich heute kleine und mittlere Städte um sie. Die Orte, die dabei nicht erfolgreich sind, wenden sich an die Regierung um Abhilfe. In Kalifornien beispielsweise ist die Gefängniswärter-Gewerkschaft so gewachsen, daß sie eine politische Macht bildet. Mit ihrer Mitgliedschaft von mehr als 27 000 steuerzahlenden Gefängniswärtern unterstützt die Gewerkschaft die Parteien und Kandidaten, die versprechen, noch mehr Gefängnisse zu bauen, mehr Wärter anzustellen sowie deren Gehälter und Prämien anzuheben. Die Privatfirmen, die mit den Gefängnisbehörden zusammenarbeiten sind auch beim politischen Machtkampf dabei. Sie wissen, daß ihre Gewinne steigen, wenn es mehr Gefangene gibt.

Von 1984 bis 1996 baute Kalifornien 21 neue Gefängnisse und nur eine neue Universität. Kaliforniens Regierungsausgaben für Gefängnisse stiegen von 1987 bis 1995 um 30 Prozent während die Ausgaben für höhere Bildung um 18 Prozent sanken.

Die Bevölkerung Kaliforniens hat das Problem erkannt, und so wurde gleichzeitig mit der Präsidentenwahl auch über die "Proposition 36" positiv abgestimmt, nämlich, das Drogengesetz zu liberalisieren, also Ersttäter und Kleinstdealer nicht mehr zu inhaftieren, sondern sie zu behandeln. Allein in Kalifornien sitzen 162 000 Gefangene in den Knästen, davon mehr als ein Drittel Gelegenheitskonsumenten von Drogen und kleine Drogenhändler. Es gibt Fälle, da kommt beispielsweise jemand wegen des Besitzes einiger Gramm Drogen in die Mühlen des Gesetzes, erhält dafür 27 Jahre Knast und wird erst nach zahlreichen Eingaben neun Jahre später entlassen. Der Ehemann dazu, der als Kleinhändler unterwegs war, kommt nach vier Jahren wieder frei. Verkehrte Welt!

Die Gesetzesliberalisierung wurde nun nicht etwa aus Menschenfreundlichkeit oder aus Einsicht in die Ausmaße des gesellschaftlichen Elends in dem Bundesstaat in Gang gebracht, sondern weil die Kosten der Inhaftierungen nicht mehr finanziert werden können. Die Liberalisierung wird dem Staat Kalifornien zukünftig ca. 250 Millionen US-Dollar pro Jahr an Verwahrungskosten und 40 Millionen US-Dollar jährlich an Verwaltungskosten einsparen. Hinzu wird eine einmalige Ersparnis von ca. 550 Millionen US-Dollar für nicht gebaute Gefängnisse kommen, insgesamt im ersten Jahr also annähernd 1 Milliarde US-Dollar Ersparnis. Ein Teil des Ersparten, ca. 120 Millionen US-Dollar soll zur Rehabilitierung von erst- und zweitmalig auffällig gewordenen nichtgewalttätigen Drogenkonsumenten eingesetzt werden.

Vehemente Gegnerschaft kam von Richtern, die um ihre Arbeitsplätze bangen, sowie von anderen konservativen Gruppen. Finanziell unterstützt wurde die Liberalisierungskampagne von US-Milliardären wie dem New Yorker Finanzier George Soros, dem Versicherer Peter Lewis, aus Cleveland/Ohio, und John Sperling, dem Präsidenten der Universität von Phoenix/Arizona. Diese drei sind dafür bekannt zu wissen, wie man mit Geld sinnvoller umgeht. Sie halten die angestiegene Zahl der einsitzenden Drogenkonsumenten und Dealer für einen Beweis des Mißerfolges der US-Drogenpolitik. Ihnen haben sich schon einige Prominente angeschlossen, so zum Beispiel Baltimores Bürgermeister Kurt Schmoke, der Nobelpreisträger Milton Friedman, der konservative Kolumnist William F. Buckley Jr., der frühere Außenminister George Shultz und die Gouverneure von New Mexiko Gary Johnson und Minnesota Jesse Ventura, die alle eine teilweise Legalisierung der Drogen befürworten.

Alle großen westeuropäischen Staaten haben eine Gafangenenrate von unter 100 pro 100 000 Bürger. In den USA waren es 1999 für afro-amerikanische Frauen 212 pro 100 000 und für afro-amerikanische Männer 3 408 pro 100 000 US-Bürger. Für hispanische Frauen waren es 87 und für hispanische Männer 1 335 pro 100 000 US-Bürger. Die Rate für inhaftierte weiße Frauen ist 27 und für weiße Männer 417 pro 100 000 US-Bürger. Die durchschnittliche Inhaftierungsrate ist in den USA heute 645 pro 100 000, was drei- bis zehnmal höher ist als in anderen modernen Demokratien. Hauptbeitrag zu diesen Zahlen leistet der Anstieg ums Achtfache der Inhaftierung, von 1985 bis 1999, wegen Drogen. Gegenwärtig sitzen in den USA ca. 440 000 Menschen wegen Drogendelikten im Gefängnis. Die durchschnittliche Inhaftiertenanzahl ist sechsmal größer als im nächstfolgenden westlichen Land.

Die USA gaben 1995 auf Bundes-, Staats- und Kommunalebene annähernd 113 Milliarden US-Dollar für ihren Justizbetrieb aus. In dem Jahr saßen ca. eineinhalb Miilionen Gefangene ein. Ein Gefangener kostete 71 184 US-Dollar an Verwahrungs- und Verwaltungskosten. Drogentäter machten zu der Zeit ca. 55 Prozent aus. Mehr als 80 Prozent des zwischen 1985 und 1995 zu registrierenden Anstiegs an Gefangenen fiel auf Verurteilungen wegen Drogen. 84 Prozent davon waren gewaltlose Drogenkonsumenten und Kleindealer.

Die USA führen das größte Gefängnissystem der Welt, und Kritiker nennen das schon einen "Gulag". Dennoch will Herrn McCaffreys Office für das Jahr 2001 zusätzlich 420 Millionen, 467 Millionen US-Dollar für 2002 und 316 Millionen US-Dollar für 2003, alles auf Drogenbekämpfung bezogen.

Militarisierung und Terrorismus

Von 1878, da der Posse Comitatus Act es in den USA verbat, Militär als Polizei einzusetzen, bis heute wurde der Act mehr und mehr ausgehöhlt. Die USA haben im "Plan Columbia" 1,3 Milliarden US-Dollar Militärhilfe für Kolumbien in Form von zusätzlichen 60 Kampfhubschraubern, 500 Personen Militärtrainingspersonal, 300 zivilen Auftragnehmern sowie weitere 18 Black Hawk Hubschrauber und 42 weitere UH-1H "Huey" Hubschrauber bereitgestellt, die gesetzeswidrig in Antidrogenkämpfen und gegen Guerrillas eingesetzt werden sollen. Der "Plan Columbia" bestätigte ausdrücklich, daß das Material nicht zur Guerrilla-Bekämpfung verwendet werden darf.

Die US-Nationalgarde hat gegenwärtig mehr Antidrogenkämpfer im Einsatz als die DEA. Täglich ist sie in 1 300 Antidrogenoperationen einbezogen, und sie hat dazu 4 000 Truppen im Einsatz. 89 Prozent der Polizeidepartements arbeiten mit paramilitärischen Einheiten, 46 Prozent sind vom Militär trainiert. Zwanzig Prozent der Polizeidepartements gebraucht paramilitärische Patrouillen im städtischen Bereich.

In allen Bereichen der Drogenbekämpfung in den USA und in den von ihnen angeleiteten Staaten schreitet die Militarisierung zügig fort. Das wird inzwischen damit begründet, daß der durch den Drogenhandel finanzierte Terrorismus bekämpft werden müsse. Es wird die Einsetzung einer weiteren Behörde, einer "Counterterrorismus Agency" vorgeschlagen. Die CIA solle authorisiert werden, informelle Informanten aus Kreisen zu rekrutieren, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben. Es müsse endlich eine kohärente, funktionale nationale Strategie zur Bekämpfung des Terrorismus her. Ein neuer Direktorposten soll geschaffen werden, der US-Präsident solle den Direktor bestellen. Die neue Behörde solle aber keinerlei Kontrolle haben über das Justizministerium, das FBI, das Verteidigungsministerium, die CIA, die National Security Agency und andere Einheiten, die den Terrorismus bekämpfen. Die neue Behörde gilt als Antwort auf die schleppenden Ergebnisse bei der Aufklärung des Attentates auf die USS Cole. Auch will man so den Gefahren des Einsatzes von chemischen, biologischen, radioaktiven und nuklearen Waffen durch Terroristen begegnen. Anerkannte Forschungszentren, wie das in Washington ansässige Henry L. Stimson Center, erklären derartige Gefahren für stark überbewertet.

Außer dem Think Tank STRATFOR.com scheinen sich nicht sehr viele Politiker und Analysten in den USA zu fragen "Was, bitte, tut denn die USA in Yemen?" Yemen ist ein strategisches Pfand im Spiel der USA mit China und Rußland. Eine kleine 550 Meilen östlich von Yemen gelegene Insel ist ein wertvoller militärischer Besitz. Dort wollen die USA Nachrichtengeräte ihrer Signals Intelligence (SIGINT) aufstellen, die die ganze Gegend ausspionieren können. Dagegen gibt es in Yemen eine starke Opposition. Die yemenitische Regierung bestreitet, den USA die Insel überlassen zu haben. Islamistische Politiker und Aktivisten wollen die USA erst recht nicht dort sehen. So schließt sich der Kreis zu den Terroristen.

Bedenklich stimmt, daß sich jetzt auch Rußland, Usbekistan und andere Staaten in der zentralasiatischen Region mit ungeeigneten Mitteln in Drogen- und Terrorismusbekämpfung stürzen. Der Altkommunist Islam Karimov, Präsident Usbekistans, bereitet dazu den Weg, in dem er rücksichtslos moderate islamische Mitbürger willkürlich verhaftet, islamische Sekten aller Art, die es in der Region seit Jahrhunderten gibt, den Terroristen und Drogenkriminellen gleichstellt und sie verbietet. Harmlose moderate Gläubige werden als Fundamentalisten hingestellt, der Islam wird in Usbekistan nur noch heimlich gepflegt. Wie könnte man in Umkehrung des Marx-Wortes sagen? "Opium ist Religion für das Volk!" Irgendwo müssen die Bedürfnisse nach Geistig-Geistlichem eben hin.

Jane's Intelligence Review berichtete, daß bis zum Oktober 2000 russische und tadjikische Grenztruppen 800 Tonnen Opium beschlagnahmt hätten, fünfmal soviel wie im Jahr zuvor. Der größte Drogentransport seit acht Jahren, ca. 200 Kilogramm Heroin, ging russischen Grenztruppen am 15. Dezember an der tadjikisch-afghanischen Grenze ins Netz. Die Tranportwege werden vom Islamic Movement of Uzbekistan (IMU) kontrolliert. Die Kleinbauern dort, gebeutelt durch schlechte Ernten, jahrelange Armut und Verfolgung durch ihren Landesherrn laufen in Scharen zum IMU über - schon allein, damit sie etwas zu Essen auf den Tisch kriegen.

Rußland ist nun auch endlich auf der Seite der aufrechten "internationalen Staatengemeinschaft". Seit dem 19. Dezember letzten Jahres ist es soweit. Der saudi-arabische Milliardär Osama bin Laden macht's möglich. Er sollte zum Friedensnobelpreis vorgeschlagen werden. Ähnliches hat schon einmal gewirkt, in Ost-Timor. Die gemeinsam von den USA und Rußland eingebrachte UN-Resolution gegen Afghanistan brachte den Durchbruch. Nun ist auch Rußland im Begriff, den klaren Kopf zu verlieren. Andere Staaten werden folgen, die Bekämpfung des internationalen Terrorismus mit Waffengewalt schmiedet alle unter der Leitung der USA zusammen. Die Blüte des internationalen Terrorismus, Ideologen mit massiven wenn auch losen Netzwerken, wie Bin Laden und seine panislamische Armee aus Taliban, Tschetschenen, usbekischen Islamisten, sich selbst finanzierende Narko-Terroristen (zu der die Kosovo Befreiungsarmee jetzt plötzlich auch wieder degradiert ist) sowie organisierte Kriminelle und Cyber-Terroristen, Bio-, Chemo- und Nuklearwaffen benutzende Bad Boys, alle, alle werden mit vereinten Kräften abgeräumt. Indien erarbeitet soeben einen Entwurf für eine weltweite Konvention zum Terrorismus für die Vereinten Nationen, China und die USA unterstützen dies. Größer als heute war die Wahrscheinlichkeit noch nie, daß sich eine weltweite Einigung ergibt.

Auf den militär-industriellen Komplex der USA und auf ihre Geheimdienste kommen ungeahnte Verdienst- und Einsatzmöglichkeiten zu, denn überall müssen die Sicherheitskräfte und Nachrichtendienste ausgerüstet werden. Die weltweite Zusammenarbeit ermöglicht es den Agenten der USA, genannt US-amerikanische Spezialisten, zu allen drogenproduzierenden, Transit- und Geldwaschländern ganz legal Zugang zu haben, um den Terroristen und Drogenhändlern das Handwerk zu legen.

Selbstverständlich müssen die betroffenen Länder Militärausgaben tätigen, anstatt ihrer Bevölkerung endlich das Leben zu verbessern. Das meiste Material kann nur in den fortgeschrittensten USA gekauft werden. In Kolumbien wird das mit dem Plan Columbia soeben vorgemacht. Endlich, wir sind alle eine große Familie, die unter Führung der Hypermacht gegen Terrorismus und Drogengeschäft den Kreuzzug führt. Wir sind die "internationale Staatengemeinschaft".

Legalisierung aller Drogen

Wer bis hierher durchgehalten hat, bekommt in wenigen Worten einen Lösungsvorschlag, der die Karten völlig neu mischt: die Legalisierung aller Drogen und ihre Kontrolle und Besteuerung ähnlich dem Alkohol und dem Tabak.

Es soll nicht behauptet werden, daß die Legalisierung der Drogen ein Allheilmittel wäre. Es ist keine Frage, daß Drogenmißbrauch selbst bei Legalisierung weiterhin ein ernstes Problem bleiben würde, ähnlich dem bei Alkohol- und Tabakmißbrauch. Aber die Folgen des Krieges gegen die Drogen richten mehr Schaden an als die Drogen selbst. Darum sollte dieser Krieg endlich beendet werden. Er bringt nur zusätzliches Leid und zusätzliche soziale, finanzielle und politische Kosten über die ganze Welt.

Der Krieg gegen die Drogen ist schon seit langem gescheitert, und zwar auf allen Ebenen.

Nicht nur, daß bei einer Drogenlegalisierung Prostitution, Beschaffungs- und Folgekriminalität, von der kleinen und großen Korruption bis hin zu Mord und Totschlag, aufhören würden, daß Fixer sich endlich legal mit sauberen Spritzen versorgen könnten und sich nicht mit HIV anstecken müßten (in Rußland sind beispielsweise 80 Prozent der HIV-Infizierten Fixer), daß die Kriminaliserung ganzer Gesellschaftskreise endlich beendet werden könnte, es würde auch die durch die reichen Drogenhändler aufgebaute wirtschaftliche und politische Gegenmacht in den betroffenen Konsumentenstaaten, allen voran in den USA, abgebaut.

Bei freier Verfügung über die Drogen würden sich Angebot und Nachfrage bald auf einem sehr viel niedrigeren Niveau als dem heutigen einpendeln, und die riesigen aus dem Risiko hergeleiteten Gewinne in den Konsumentenländern, aber auch in den Produzentenländern fielen fort. Die Terroristengruppen in Afghanistan, Usbekistan, in Kolumbien und anderswo hätten nicht mehr diese großen Geldbeträge zur Verfügung, die es ihnen ermöglichen, Waffen zu kaufen und die jeweiligen Regionen zu destabilisieren. Die USA hätten keinen Vorwand mehr, in und über zahlreichen Staaten Aufklärungsarbeit zu leisten, denn Drogenhändlern und Terroristen brauchte das Handwerk nicht mehr gelegt zu werden. Die USA könnten vielmehr das so gesparte Geld dafür ausgeben, bei sich im Lande ein gutes Gesundheits- und Bildungssystem aufzubauen. Sie brauchten dann nicht mehr die in anderen Ländern mühselig ausgebildeten Wissenschaftler und Experten für traumhafte Gehälter abzuwerben. Sie müßten nicht mehr Angst haben vor terroristischen Anschlägen in ihrem eigenen Land, sondern sie würden mit der Welt in Frieden leben können. Ein National Missile Defence System, das den ABM-Vertrag von 1972 verletzt, wäre auch nicht mehr nötig.

Nicht auszudenken!

Die hier geäußerten Ansichten vertrete ich nicht allein, sondern das renommierte liberale CATO-Institute ("23 Years of Promoting Public Policy Based on Individual Liberty, Limited Government, Free Markets and Peace"), einige fortschrittliche US-amerikanische Politiker und manch anderer sehen die Lösung des Problems genauso. Der prominenteste Fürsprecher ist gegenwärtig wohl der uruguayische Präsident Herr Jorge Batlle, der in den letzten Monaten mehrfach, unter anderem auf dem letzten Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs, in Panamá, und in einem Interview mit der mexikanischen Nachrichtenagentur EFE, anläßlich der Einführung des neuen mexikanischen Präsidenten Herrn Vicente Fox, für die Aufhebung der Drogenprohibition eintrat: "Die Drogen sind in erster Linie ein wirtschaftliches Problem, das man wirtschaftlich lösen muß, nicht anders", meinte Batlle. "An dem Tag, da die Drogen in den USA legalisiert werden, verlieren sie an Wert, und wenn sie an Wert verlieren, dann haben die Drogenhändler nicht mehr das Geld, das sie jetzt haben, und wenn sie's nicht mehr haben, wird es mit den Terroristen und Guerrilleros bald zu Ende sein." Er meinte dann noch, in Panamá: "Wir können den Tatsachen im Leben nicht ausweichen", womit er wohl sagen wollte, daß jede Gesellschaft die Drogensüchtigen hat, die zu ihr passen: Säufer, Raucher, Fixer, Kiffer, Schnüffler, Drücker - mit und ohne Verbot.

Ich meine, die anderen Konsumentenstaaten, vor allem aber die ärmeren, wie Rußland, Usbekistan, Tadjikistan usw. sollten sofort mit der Drogenlegalisierung beginnen. Nicht auszudenken, wie die durch Drogen finanzierten Terroristen reagieren würden. Beispielsweise dadurch, daß sie die Drogentransporte in die Länder, die nicht legalisiert haben und wo deshalb für die Drogen sehr viel mehr Geld bezahlt wird, plombieren, um nicht in den "Billigländern" das kostbare Gut zu vergeuden. Die Drogen würden dann, wie Lenin durch Deutschland nach Rußland, durch die CIS-Staaten und Rußland nach Europa und den USA überführt. Da ließen sich aber die betroffenen westlichen Konsumentenstaaten rasch etwas einfallen. Bislang erledigen nämlich Rußland und die kleinen CIS-Staaten für die reichen Länder die Dreckarbeit des Drogenkrieges.

Ein Ergebnis der Drogenlegalisierung wäre allerdings negativ: mindestens die Hälfte aller spannenden Hollywoodfilme lebt heute in den Plots von Drogen und das sie umgebende Verbrechen. Die Drehbuchautoren müßten sich neue spannende Themen ausdenken, denn bei Jackie Brown gefundene Pülverchen wären mega-out.

  • Autorin: Dr. Gudrun Eußner
    Quelle: © Philosophischer Salon
    Update: Berlin, Fr., 19.01.2001

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