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Nahost-Informationen Internationale Christliche Botschaft Jerusalem

September 1999

OSAMA Bin Laden

Die beunruhigenden neuen Warnungen

Nachdem er der Drahtzieher bei zwei tödlichen Anschlägen auf US-Botschaften in Afrika war, setzte ihn das FBI (Amerikas oberste Strafverfolgungsbehörde) ganz oben auf die Liste der zehn meistgesuchten Personen und setzte ein Kopfgeld von fünf Millionen Dollar auf ihn aus.

Aber in der muslimischen Welt betrachtet man Osama Bin Laden weithin als Held. Seine Popularität unter islamischen Fundamentalisten zeigt sich in der wachsenden Zahl von Eltern im nahen Osten, die ihren neugeborenen Jungen den Namen "Osama" geben. Und jetzt wird Ladens legendärer Ruf mit Sicherheit durch die Enthüllung in die Höhe schnellen, daß er sich möglicherweise Nuklearwaffen beschafft hat.

Es ist ein Aptraumszenario, jahrelang in Filmen geschildert - ein reicher im Verborgenen lebender Bösewicht, der die Welt nuklear erpreßt. Aber als Yosef Bodansky, ein Terrorismusexperte, kürzlich sein neues Buch über Bin Laden herausbrachte, verriet er, daß der reiche zurückgezogene Drahtzieher antiwestlicher Terrorakte zwischen einer "Handvoll" und zwanzig Kernwaffen gekauft hat. Dazu gehören mutmaßlich sowohl taktische Bomben geringerer Sprengkraft, bekannt als "Kofferbomben", als auch verschiedene chemische und biologische Waffen.

Bodansky arbeitet für die Projektgruppe Terrorismus und Nichtkonventionelle Kriegführung des US-Kongresses und hat wie viele andere in den westlichen Nachrichtendiensten, Bin Ladens Bewegungen mit wachsender Dringlichkeit beobachtet. In einem neuen Buch mit dem Titel "The Man who Declared War on America" ("Der Mann, der Amerika den Krieg erklärte"), beschreibt Bodansky Bin Laden als einen gefährlichen, entschlossenen und sehr einflußreichen muslimischen Radikalen, der sein großes Vermögen benutzt hat, ein ausgedehmntes nachrichtendienstliches und militärisches Beschaffungssystem aufzubauen, das nun den Erdball umfaßt - und bedroht.

Osama Bin Laden wurde um 1957 in Riyadh geboren, als Sohn eines wohlhabenden Unternehmers jemenitischer Abstammung. Er verließ ein Leben in Überfluß im heimatlichen Saudiarabien, schloß sich dem Kampf gegen die sowjetische Invasion in Afghanistan an und beteiligte sich sogar im Nahkampf. Kameraden beschreiben ihn als furchtlos.

Einige seiner frühesten Verbindungen zur Welt des islamischen Terrorismus waren die zu palästinensischen Mitgliedern der Mujahedin (muslimische heilige Krieger). Mitte der 80er vereinigte Bin Laden seine Kräfte mit denen von Abdullah Azzam, dem Führer der palästinensischen Muslimbruderschaft, um Geld und Leute in den afghanischen Widerstand einzuschleusen. Seine internationalen Rekrutierungskampagnen ermöglichten tausenden von islamischen Söldnern, in paramilitärische Ausbildungslager in Pakistan und Afghanistan zu gehen, darunter 5000 Saudis, 3000 Algerier und eine große Anzahl Ägypter. Er gewann auch eine breite Anhängerschaft in muslimischen Ländern, indem er Krankenhäuser baute und in einheimische Widerstandsbewegungen investierte, vor allem in Ägypten.

Mit dem Ziel, Muslims in aller Welt zu befreien, kehrte Bin Laden nach Saudi-Arabien zurück, und fuhr fort, Oppositionsbewegungen in der Hijaz zu unterstützen - eine Tätigkeit, wegen der ihm schließlich die saudische Staatsbürgerschaft entzogen wurde.

In den letzten Jahren hat Bin Laden eines der undurchdringlichsten Terrornetzwerke entwickelt, die es je gab. Er wird verdächtigt, in den Mordversuch verwickelt zu sein, der 1995 in Addis Abeba an dem ägyptischen Präsidenten Mubarak verübt wurde, während dieser an einer afrikanischen Konferenz teilnahm. (Mubarak beschuldigte auch den Sudan, während andere informierte Kreise fragten, wieso der PLO-Vorsitzende Yassir Arafat nur Stunden zuvor ein Treffen mit Mubarak absagte, das am selben Tag am gleichen Ort stattfinden sollte.)

In Geheimdienstkreisen wird Bin Ladens Netzwerk auch für die Bombenanschläge auf US-amerikanische und saudiarabische Militäreinrichtungen verantwortlich gemacht, die 1995 mehr als 25 Menschenleben forderten, und mit der Planung von Anschlägen auf US-Bedienstete im Jemen, die auf dem Weg zu ihrem Einsatz bei "Operation Restore Hope" in Somalia waren. Bin Laden wird auch in Verbindung gebracht mit den Morden an Dutzenden von Touristen in Ägypten, und an mehr als 20 Ägyptern bei einem Bombenanschlag auf die ägyptische Botschaft 1995 in Karatschi. Er hat auch mit einer Anzahl von Bombendrohungen gegen amerikanische und andere Fluggesellschaften zu tun.

Aber die gleichzeitigen Explosionen voriges Jahr in US-Botschaften in Nairobi, Kenia und Dar-es-Salaam, Tansania, brachten ihn in den Brennpunkt des Interesses. US-Regierungsleute beschuldigten Bin Laden und beschossen sein versteck, eine Höhle in den Bergen Afghanistans, mit Marschflugkörpern. Bin Laden kam davon und hat sich seither den Versuchen, ihn aufzuspüren, entzogen. In den vergangenen Monaten hat es offizielle Warnungen gegeben, daß er neue Anschläge auf andere Ziele in aller Welt plant, und die USA und Großbritannien haben daraufhin sieben beziehungsweise drei afrikanische Botschaften geschlossen.

Was steckt hinter dem Jihad gegen Amerika und den Westen? Neben der schleichenden Einfluß der Westlichen Kultur in der muslimischen Welt mag die Antwort in der islamischen Tradition liegen, derzufolge der Prophet Mohammed auf dem Sterbebett gesagt haben soll: "Laßt es nicht zu, daß es in Arabien zwei Religionen gibt." Somit sind nicht nur Mekka und Medina, sondern die gesamte arabische Halbinsel, den Muslimen heilig und andere Glaubenssysteme verboten.

In moderner Zeit haben wirtschaftliche Verknüpfungen wieder Ausländer nach Saudi-Arabien gebracht. Aber die Anwesenheit amerikanischer Truppen auf saudischem Boden zur Abwehr der irakischen Bedrohung hat viele Muslime veranlaßt, sie als ungläubige Eindringlinge zu sehen. Bin Laden hat sich als vordringlichstes Ziel gesetzt, sie hinauszujagen.

Bodanskys Warnungen vor Bin Ladens Atomwaffen müssen ernst genommen werden. Bodansky hat ein umfangreiches Werke mit dem Titel "Terrorism in America" mitverfaßt. Neben anderen nachrichtendienstlichen Einsätzen sorgte sein Team auch für die Enthüllung, daß der Iran vier nukleare Sprengköpfe besaß, gekauft von Kasachstan, bevor dessen Arsenal an die Russische Republik zurückgegeben wurde. Er soll auch die US-Behörden auf die Aktionen und Bewegungen eines wichtigen Hamas-Mitarbeiters in Virginia aufmerksam gemacht haben, der aufgrund dieser Informationen verhaftet wurde.

Unbestätigte Berichte lassen die Vermutung zu, daß Pakistan sowohl Bin Laden als auch der saudischen Regierung verschiedenes nukleares Gerät verkauft hat. Bodansky sagt: "Wir haben keine Hinweise darauf, daß sie es morgen benutzen werden, aber sie haben die Fähigkeiten, die Legitimation und die Logik, um sie einzusetzen. Man gibt nicht derartige Geldsummen aus, um etwas zu besitzen, nur, damit man es irgendwo für einen regnerischen Tag aufbewahrt."

Auch die Verhaftung Bin Ladens, wie von der Taliban-Regierung versprochen, oder seine Gefangennahme, würden die Welt zu keinem sichereren Platz machen. Bodansky warnt, daß es eine lange Reihe von leuten über mehrere Kontinente gibt, die darauf brennen würden, in Bin Ladens Schuhen zu weitergehen. Er glaubt, daß die Clinten-Regierung das Problem des nahöstlichen Terrorismus zu sehr vereinfachte, als sie versuchte, das Phänomen an einer Person festzumachen - zuerst mit Saddam Hussein und nun mit Bin Laden. Bodansky verwirft auch die Liste des Außenministeriums, in der die Staaten aufgezählt werden, die den Terror unterstützen, und bemerkt, daß Pakistan, welches in Bin Ladens Geschichte eine Schlüsselrolle spielt, nicht einmal erwähnt wird.

"Die Bin Ladens dieser Welt wären ohne die Sponsorstaaten zu keiner einzigen spektakulären Aktion fähig gewesen," sagt Bodansky. "Sie unterstützen ihn, weil er ihren Interessen dient, nicht weil sie denken, er sei der großartigste Typ auf Erden."

Neben anderen Faktoren führt Bodansky Bin Ladens Beliebtheit an der Basis auf seine Fähigkeit zurück, gewöhnlichen Leuten eine einleuchtende, auffordernde Botschaft mitzuteilen, wohlgegründet in koranischen und anderen Schriften, die sie in ihrer Situation anspricht. Er gibt eine klare Antwort auf die Frustrationen des Einzelnen, bietet Kampf und mögliches Märtyrertum als verlockende Ausflucht vor der Mühsal des Lebens. Bin Laden predigt: "In unserer Religion gibt es für die, die am Jihad teilnehmen, einen besonderen Platz im Jenseits."


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