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Leseprobe  

Andreas von Bülow

Im Namen des Staates 
CIA, BND und die kriminellen Machenschaften der Geheimdienste

[Hervorhebungen nicht im Originaltext]


Rechtsterrorismus in der frühen Bundesrepublik und die CIA

In der Bundesrepublik gab es unter Führung des Bundesnachrichtendienstes eine Einrichtung, die wie in allen anderen NATO-Staaten auch als Stay-behind-Organisation bezeichnet wurde. Diese militärisch und geheimdienstlich geschulten Kräfte sollten sich bei einem Einmarsch der sowjetischen Armee überrollen lassen und aus und in dem besetzten Land Nachrichten übermitteln, Sabotageaktionen durchführen, Fluchtwege organisieren und die Rückeroberung vorbereiten helfen. Sie unterstanden dem NATO-Oberkommando in Brüssel und übten national wie international ihre Aufgaben fiir den Ernstfall. Verdeckte Lager an Waffen und sonstigem Material sollten in Kriegszeiten das Überleben sichern. Auch diese Organisation soll erst 1990 letztlich nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes und aus Anlaß der Diskussionen in Italien, Belgien und Frankreich aufgelöst worden sein.

Daneben betrieb und unterstützte die CIA zumindest in den fünfziger Jahren auch in der Bundesrepublik Organisationen, die der nazistischen und rechtsradikalen Szene zuzuordnen waren. Es war der hessische Ministerpräsident Zinn, der sich 1952 öffentlich darüber beschwerte, daß der rechtsradikale Bund Deutscher Jugend von der CIA mit Kadern aus alten Nazis und SS-Veteranen aufgebaut, finanziert und unterstützt werde, daß er seine Übungen unter anderem im Odenwald abhalte und daß man Listen von gegebenenfalls zu ermordenden oder unschädlich zu machenden linken Politikern, nicht zuletzt sozialdemokratischen Oberbürgermeistern und Abgeordneten, gefunden habe. Der bayerische Ministerpräsident meldete ähnliche Umtriebe in seinem Land mit Waffen aus amerikanischen Beständen. Dergleichen geschah in Schleswig-Holstein. Der Skandal beschäftigte die deutsche Öffentlichkeit, führte zu Debatten im hessischen Landtag und im Deutschen Bundestag und zur Versicherung der amerikanischen Dienststellen, man habe die geförderte Organisation inzwischen aufgelöst. Die Strafverfolgung der deutschen Teilnehmer der Terrororganisation hatte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe an sich gezogen, wo sie an mangelndem Diensteifer scheiterte, letztlich vor allem deshalb, weil die rechtsterroristische Vereinigung nicht nur die Unterstützung der CIA, sondern auch amtlicher Stellen in Bonn, im Kanzleramt, im Gesamtdeutschen Ministerium, im Innenministerium und beim stellvertretenden Leiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz, einem Vertrauten des BND-Chefs Gehlen, gefunden hatte. Den Präsidenten des Verfassungsschutzes Otto John hatte man in Unwissenheit gehalten.
Die amerikanischen Gelder liefen über Firmen wie Coca-Cola, Jan Reemtsma, Bosch und Sarotti. Die rechtsradikale Vereinigung bot zahlreichen ehemaligen SS-Angehörigen eine gut bezahlte, vollamtliche Stelle, verfügte über Dienstwaffen und begann gegen alle denkbaren Institutionen einschließlich der Landesämter für Verfassungsschutz in den verschiedenen Bundesländern wegen angeblicher Linkslastigkeit zu ermitteln. Auf der Liste der im Ernstfall auszuschaltenden, das heißt umzulegenden Persönlichkeiten standen die Namen mehrerer sozialdemokratischer Minister und Oberbürgermeister, samt und sonders über jeden Verdacht erhaben, mit Kommunisten je gemeinsame Sache machen zu wollen.

...

Großmacht-Geheimdienst:
Methode Schema F

Die Erkenntnis, daß ein weltweit auf allen Kontinenten in den strategisch, wirtschaftlich, politisch und technologisch wichtigen Ländern operierender Geheimdienst innenpolitisch aktivierbare Stör- und Hilfskräfte, und seien es die des rechts- wie linksradikalen Spektrums, nicht auf ein Land der Bundesrepublik Deutschland beschränkt sondern nach einheitlichem Muster vorzugehen pflegt, ist damals der hessisch wie deutsch begrenzten Sicht entzogen gewesen. Dabei geht es hier nicht so sehr um die paramilitärische Stay-behind-Organisation als vielmehr um die Stör- und Einflußkräfte in den für den Bürgerkrieg vorgesehenen Formationen, die zur Beeinflussung der innenpolitischen Entwicklung nicht nur Hessens beziehungsweise der gesamten Bundesrepublik in Stellung gebracht und paramilitärisch geschult werden sollten, sondern um ein gesamteuropäisches Programm. Schließlich gibt es in der CIA ebenso wie im State Department ein European Desk und darunter das German Desk, bei dem man davon ausgehen kann, daß Ansatz und Techniken des Vorgehens je Land so unterschiedlich nicht sein und nicht gewesen sein können. Die Vorfälle von 1952 zeigen daher nur einen Mosaikstein, der seine Entsprechung in allen Ländern Europas und mit Sicherheit auch allen wichtigen Staaten des Erdballs findet. Da in anderen Ländern des Bündnisses, nicht zuletzt in Italien und Frankreich, die Aktivitäten der CIA zur Beeinflussung der innenpolitischen Landschaft uneingeschränkt weiterliefen, kann und muß dies auch für die Bundesrepublik unterstellt werden. Die CIA wird auf die Geister, die sie seinerzeit rief, auch in der Folge letztlich nicht verzichtet haben. Im laufenden Skandal mit Schwerpunkt Hessen wurde eine die junge deutsche Demokratie beruhigende Frontbegradigung vorgenommen. Um die gleiche Zeit lief damals die sogenannte Naumann-Affäre, die einen ehemaligen Staatssekretär in Goebbels' Propagandaministerium betraf, der ein Netz von Tausenden von Nazis im Jahre 1953 befehligte und über erhebliche Geldmittel verfügte. Die Organisation war vom Bundesamt für Verfassungsschutz unter der Leitung Otto Johns aufgeklärt worden. Die Beteiligten wurden zwar verhaftet, dann jedoch namentlich nach ihrer Flucht aus der französischen und englischen in die amerikanische Besatzungszone freigelassen. Die gefundenen Papiere enthielten Pläne zur Unterwanderung von Parteien mit dem Ziel der Machtübernahme.

[Zitate von S. 359 - 362, ohne Anmerkungen]

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Es ist daher anzunehmen, daß die 90 Prozent aller in Deutschland verteilten und aus den USA und Kanada importierten Hetzmaterialien mit einiger Sicherheit nicht nur aus dem privaten Spendenaufkommen amerikanischer oder deutscher Neonazis finanziert werden. Möglicherweise gibt es auch eine Quelle, die darüber Auskunft geben kann, woher der Vorsitzende der rechtsradikalen Deutschen Volksunion (DVU) in der Nachkriegszeit in den Besitz von 500 Millionen D-Mark gelangen konnte, mit denen derzeit die Szene in den neuen Bundesländern zum Blühen gebracht wird. Es ist ja nicht ausgeschlossen, daß die frühe Freundschaft des Parteichefs mit Reinhard Gehlen und dessen CIA-gelenkter Organisation Hilfestellung bieten konnte. Erstaunlich, wie nicht nur im Falle Frey, sondern auch Le Pen in Frankreich unvergleichlich jeder demokratischen Partei überraschend Erbschaften und Vermögensmassen zur Verfügung stehen. Doch dies aufzuklären bleibt denen vorbehalten, die in der Lage sind, die Geldbewegungen auf Erden bis in die Details auszuforschen. Dazu ist kein europäisches Land allein in der Lage.

[Zitat von S. 482, ohne Anmerkungen]

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Schlußbetrachtungen

... Doch wenn man davon ausgehen kann, daß die in den kurdischen Gebieten kämpfenden Gruppen samt und sonders von außen gestützt und gesteuert werden, dann fragt sich, wer etwa die PKK in Deutschland dazu anhält, harmlose Mitbürger anzugreifen, zu provozieren, ja zeitweilig ganze Hauptschlagadern des Verkehrs wie Bundesautobahnen lahmzulegen, angeblich um auf die kurdische Sache aufmerksam zu machen. Die PKK-Spitze weiß mit Sicherheit, daß derartige Aktionen als grobe Verletzung des Gastrechtes aufgefaßt werden, daß sie folglich der kurdischen Sache nur schaden können. Folglich kann ein derart exhibitionistischer Mißbrauch des Gastrechtes letztlich nur das Anheizen deutscher Ausländerfeindlichkeit zum Ziel haben. Doch wem nutzt eine wachsende Ausländerfeindlichkeit, entstehend aus PKK-Aktionen in Reaktion oder Provokation zu rechtsradikalen, wiederum geheimdienstgesponserten Grauen Wölfen und den rechtsradikalen Kräften in Europa und besonders in Deutschland? Gibt es ein Interesse daran, das Ansehen Deutschlands in der Welt mit dem Bild des häßlichen und beschränkten Deutschen bleibend zu verschweißen, die Bundesrepublik als fremdenfeindliches, engstirniges, egozentrisches, brutales, in sich gekehrtes, für Ausländer unattraktives Land erscheinen zu lassen?

Brzezinski hat die moralische Last Deutschlands aus der Vergangenheit angesprochen, auf die man auch in Zukunft setzen könne. Dem wird man zweckmäßigerweise von Zeit zu Zeit immer wieder ein klein wenig nachhelfen müssen. Man kennt entsprechende Aktivitäten der Stasi in Ostberlin mit den Verbindungen in die rechtsradikale Szene, die den Einfluß Westdeutschlands beschneiden sollten. Und wenn der Likud-beherrschte Mossad seit Jahrzehnten mit den rechtsradikalen bis rechtsterroristischen Gruppen Europas zusammenarbeitet und diese für seine Zwecke nutzt, dann wird gerade Deutschland davon mit Sicherheit nicht ausgenommen sein.

[Zitat von S. 496 f., ohne Anmerkungen]

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Von Bülow, Andreas, Im Namen des Staates. CIA, BND und die kriminellen Machenschaften der Geheimdienste.  
636 S. - Taschenbuch, ISBN 3492230504, Piper Verlag, 2000

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